Obgleich wir am Samstag noch auf einer Hochzeitsfeier mit mischen durften, entschieden wir uns den vermutlich letzten heissen Tag zu nutzen und wieder in die Berge zu wandern. Nachdem wir im August lediglich im Fichtelgebirge marschieren konnten, holten wir uns von unseren erfahrenen Bergfreunden ein paar Tips. Es gab tolle Tourenvorschläge und vielleicht hätten wir auf den einen oder anderen Vorschlag eingehen sollen, aber um ehrlich zu sein… der Gaisalpsee wollte schon seit Anfang der Wandersaison erklommen sein.

Also entschlossen wir uns am Sonntag mittag in Richtung Gaisalpsee aufzubrechen. Brechen ist dabei ein gutes Stichwort – der Parkplatz in Reichenbach war schon brechend voll und so schwangen wir uns munter auf die Touri-Autobahn entlang am Rubihorn. GlĂĽcklicherweise teilte sich das recht bald auf, da nicht alle Mitwanderer den Weg ĂĽber den Gaisalptobel nehmen wollten, sondern den asphaltierten Wirtschaftsweg bevorzugten.

Gaisalptobel

Gaisalptobel

Der Tobel ist ein tolles StĂĽck Wanderweg – abwechslungsreich geht es entlang des Baches an unzähligen Wasserfällen und Fotospots. Mal ĂĽber Wurzeln und mal ĂĽber Fels und ĂĽber eine lustige StahlbrĂĽcke erwandert man sich so fast unbemerkt den einen oder anderen Höhenmeter.
Da der Weg durch bewaldetes Gebiet fĂĽhrt, merkten wir auch die sommerliche Hitze nicht, die uns am Ausgang des Tobels wie ein Hammer ins Genick traf.

So leicht es durch den Tobel ging, so anstrengend wurde es dann auf der Alpe. Zunächst ging es aber noch am Rand des Waldes und teilweise beschattet an der Gaisalpe vorbei, bevor dann endgültig in der Sonne unterhalb der unteren Richtersalpe standen.

Bis dahin waren wir schon ca. 1.5h unterwegs und als wir den Rucksack fĂĽr eine kurze

Rubihorn-Weg

Entlang des Rubihorns

Trinkpause absetzten wunderte ich mich, wie nassgeschwitzt ich schon war. Aber ich war auch voll motiviert – also gings ĂĽber die sonnendurchflutete Richtersalpe und wieder rein in bewaldetes Gebiet. Das Rubihorn immer rechter Hand wurde der Weg schmaler und steiler und irgendwie auch alpiner…

Plötzlich schwante es mir… oh, oh… das könnte ne schwierige Runde werden und so war es dann auch.
Das Rubihorn wurde rechts immer mächtiger und die Nagelfluhkette im Rücken immer kleiner.
Dann war es soweit – der erste Sturz! GlĂĽcklicherweise nicht von uns, aber eine Warnung fĂĽr den RĂĽckweg.
Der Wanderweg wurde immer wieder von kleinen Bachläufen gequert, die aus sehr netten Wasserfällchen aus dem Fels gespeist wurden – die Wanderung ist landschaftlich echt ein wahres Highlight.
Jedenfalls ging es kurz vor einer solchen Querung eine kleine und schmale Felsstufe hoch. Wir warteten und liessen die von oben kommenden Wanderer erst runter, als wie dann die Stufe hochgingen und uns ein Mann gesetzteren Alters auf der Querung entgegen kam.
Der UnglĂĽcksvogel rutsche auf der Stufe aus und schlitterte den nassen Fels nach unten. GlĂĽcklicherweise konnte er sich wieder abfangen und konnte nach ca. 3m unverletzt wieder aufstehen. Wir merkten uns die Stelle schon fĂĽr den Abstieg…
Gleich nach der Querung ging es einen steilen Waldpfad bestehend aus Wurzlen und Fels nach oben, bevor wir wieder auf einer sonnendurchfluteten Alpe standen.

So langsam wurde es anstrengend!

Nach der Alpe ging es richtig rund. Der Weg war geschottert und es waren deutlich weniger Leute, aber immer noch einige unterwegs – die hatten fast ausnahmslos Wanderstöcke dabei. Im Gegensatz zu uns.

Wir hielten ein paar mal an um zu trinken und es wurde immer schwieriger den Weg nach oben weiter zu gehen. Der Schweiss lief mir ins Gesicht und es ging in Serpentinen auf diesem geschotterten Weg nach oben.

Schotterweg

Schotterweg

Dann kam er: Unser erster Drahtseilversierter Abschnitt mit in den Fels eingelassenen Eisenstufen. Rechts ging es runter – tief runter und links hangelte ich mich an dem Drahtseil entlang – so ein bischen klopfte mein Herz bestimmt auch vor Aufregung schneller.
Aber gleich nach dem Abschnitt kam ein kleiner Wasserfall aus dem Fels und eine uns entgegenkommende Wanderin erzählt Martina etwas von wegen „Dusche“ und schon hatte meine Frau den Kopf unter den Wasserfall gehalten. Ich war zuerst skeptisch wegen „kalt und so“ aber hei: Das war die tollste Dusche, an die ich mich erinnern kann. Der Waaaaaaahnsinn!

Weiter ging es den Schotter nach oben und das jetzt schon an der Baumgrenze entlang. Die Bäume wurden deutlich lichter, aber der Duft der Bergkiefern war unvergleichlich.
Wie schon geschrieben – die Wanderung ist landschaftlich schlicht der Hammer. Lichte Bäume bedeuten aber auch mehr Sonne und das nicht zu knapp. Es war gnadenlos heiss und schon 14:30 Uhr. Wir hatten mittlerweile ca. 500 Höhenmeter und zum Gaisalpsee fehlten noch ca. 200.
Immer wieder mussten wir von oben kommende Wanderer mit ihren Stöcken passieren lassen und so langsam wurde es echt zu heiss. Ich weiss nicht genau wie warm es war, aber es war vermutlich an die 30° warm – und das auf ĂĽber 1400m und Ende August.

Wir sahen wohl schon ziemlich fertig aus und so fühlten wir uns auch, als uns ein Allgäuer Urgestein mit rieeeeeeeesem Holzwanderstock von oben entgegen kam und mich anlachte:
„D’r Nixig‘ g’hert b’laugat!“ („Man muss den Lump plagen!“) hat er mir entgegen getönt und damit hat er vermutlich auch recht.
Ich lachte ebenfalls uns wir fragten ihn, wie lang es wohl noch bis zum See ist. Die Antwort demotivierte uns: „A Halbe Stond werd’s scho no sei, wenn ‚r no wartet werds aa a dreiviertl Stond!“ Dann lachte er fröhlich und ging weiter und wir quälten uns weiter hoch.

Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es bereits 15:15 Uhr und wir waren immer noch nicht oben.

Der Punkt der Umkehr

Der Punkt der Umkehr

Um es kurz zu machen: Wir beschlossen umzukehren. Wenn wir den See erreicht hätten, hätten eine längere Pause gemacht und das „Aufraffen“ wäre uns schwer gefallen. Die Zeit war auch schon zu weit vorangeschritten, der RĂĽckweg wartete schliesslich auch noch und so entschlossen wir umzukehren. Was mich zwar ärgerte, aber ich bin mir sicher, dass ich nächstes Jahr den Gaisalpsee erreichen werde. Es hätte auch keinen Sinn gehabt, da der Anstieg schon sehr an den Kräften zehrte, was sich gleich rächen sollte.
Der Weg nach unten war natĂĽrlich der gleiche – ĂĽber den gleichen rutschigen Schotter.
Vielleicht gingen Martina auch schon ein bischen die Kräfte aus, vielleicht war sie in Gedanken gerade nicht so bei der Sache – ich weiss es nicht. Jedenfalls kam sie ins Rutschen, als ein Stein unter ihr nach gab und wegspickte. Es sah irgendwie elegant aus, aber es war nicht wirklich witzig, als das rechte Bein sich streckte und bergabwärts glitt, während das linke Knie wie festgenagelt stehen blieb.
Das Knie wurde recht schnell blau und schwoll an, aber Martina konnte weitergehen.
Ich befĂĽrchtete schon, dass ich an diesem Tag die Bergretter kennenlernen musste, aber es ging glĂĽcklicherweise weiter, auch ĂĽber die rutschige Stelle und den schmalen Weg mit den Wurzeln und den Felsen.

Nach ca. 1 Stunde waren wir wieder an der Gaisalpe und mussten uns entscheiden, ob wir den Wirtschaftsweg oder wieder den Tobelweg nehmen wollten. Aus Rücksicht auf Martinas Knie, wählten wir den Wirtschaftsweg und ich muss sagen, dass ich froh bin, dass wir auf dem Hinweg den Tobelweg wählten.
Der Wirtschaftsweg zieht sich und das Asphaltierte ist runterwärts anstrengend zu laufen – besonders fĂĽr die Knie. Aber auch das brachten wir hinter uns und so konnte Martina am Anfang des Tobels ihre FĂĽsse noch ins kĂĽhle Nass stellen, bevor wir die letzten paar Meter zurĂĽck zum Parkplatz gingen.

Was soll ich jetzt als ResĂĽme schreiben?
Zum Einen haben wir unser Ziel nicht erreicht, aber zum anderen zählt das im Moment auch nicht so. Auf der einen Seite haben wir aufgegeben oder aufgeben müssen und zum anderen können wir auch stolz sein, weil wir aus meiner Sicht und für unsere körperliche Konstitution wirklich alles gegeben haben und weit gekommen sind. Das zählt schliesslich oder?
Nächstes Jahr wird der Gaisalpsee noch einmal in Angriff genommen und dann werden wir auch den See erreichen – vielleicht gehts dann auch frĂĽher los und ganz sicher an einem Tag, wo es nicht so heiss ist und dann packen wir den See!

*hoil* So nah! Diesmal stimmt die Karte leider nicht, da mir ab ca. 1350 Höhenmetern der Akku meines Trackers leer gegangen ist. Aber so ungefähr…

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